Hafer, Avena sativa

farbige Zeichnung von einer Haferähre

Fläche global: 9 Millionen Hektar
Fläche auf dem Weltacker: 11,4 m² (0,6%)
Herkunftsregion: Westasien und Osteuropa
Hauptanbaugebiete: Russland, Kanada, Europa
Verwendung / Hauptnutzen: Mehl, Haferflocken, Futtermittel

Die heilkundigen Eigenschaften des Hafers wurden schon früh erkannt, etwa von Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert Hafer als Heilmittel empfahl. Sie schätzte Hafer insbesondere für seine Fähigkeit, den „Geist zu erheitern“, den Verstand zu klären und bei Schwächezuständen zu helfen.

Ein anspruchsloses Getreide

Hafer (Avena sativa) unterscheidet sich deutlich von anderen Getreidearten durch seine Rispen statt Ähren. Die Rispen sind glockenförmig und neigen sich während des Wachstums nach unten. So ist der Hafer leicht zu identifizieren. Die Körner sind von einer Spelze umhüllt, die nach der Ernte entfernt wird. 

Die Haferpflanze ist robust und anpassungsfähig. Sie bevorzugt gemäßigtes Klima und stellt nur geringe Ansprüche an den Boden. Die Hauptanbaugebiete sind Nord- und Mitteleuropa, Russland und Nordamerika. Hafer ist eine einjährige Pflanze aus der Familie der Süßgräser (Poaceae). Sie erreicht eine Höhe von 0,6 bis 1,5 Metern. Die Halme sind aufrecht, hohl und haben in regelmäßigen Abständen Knoten. Die Blätter sind schmal, lanzettlich und rau. Die Keimung erfolgt bei Temperaturen zwischen 5 und 10 Grad Celsius, was ihn ideal für den Anbau in Frühjahrs- und Herbstsaisons macht. Aufgrund seiner geringen Ansprüche an den Boden ist Hafer besonders wertvoll für den Anbau in weniger fruchtbaren Regionen.

Vom Unkraut zum Star

Hafer stammt ursprünglich aus Westasien und Osteuropa, wo er seit etwa 4000 Jahren kultiviert wird. Anfangs wurde er als Unkraut in Weizen- und Gerstenfeldern betrachtet, bevor seine Vorteile erkannt wurden. Durch seine Anpassungsfähigkeit und den hohen Nährstoffgehalt setzte sich der Anbau schnell durch. So wurde er bereits von den Kelten und Germanen angebaut, wie Ausgrabungen in Schweizer Pfahlbauten belegen. Bis zur Einführung der Kartoffel war Hafer in Mittel- und Osteuropa ein Hauptnahrungsmittel. Im Mittelalter entwickelte sich der Hafer in Europa zu einem überaus wichtigen Nahrungsmittel, insbesondere in kühleren Regionen, wo Weizen und Gerste nicht besonders gut wuchsen. In Schottland und Skandinavien hat Hafer eine lange Tradition und stellt bis heute ein Grundnahrungsmittel dar. Heute sind Russland, Kanada, Australien, Brasilien und mehrere europäische Länder die Hauptproduzenten des Hafers. In Brasilien hat der Hafer in der letzten Dekade einen rasanten Aufstieg gefeiert. Die Menschen achten hier immer stärker auf gesunde Ernährung und setzen immer mehr auf Hafer. Gleichzeitig sind die positiven Eigenschaften des Hafers für den Boden populärer geworden Er lockert und belüftet als Tiefwurzler den Boden, wirkt Erosion entgegen und fördert die Regeneration und Schonung des Bodens. Zudem unterdrückt Hafer Unkraut und Pflanzenkrankheiten und benötigt vergleichsweise wenig Dünger und Pflanzenschutzmittel, was die Umwelt schont

Als Futtermittel spielt der Hafer eine immer größere Rolle in subtropischen Regionen und insbesondere in Pakistan und Nordindien. Der Hafer wird hier als Grünfutter angebaut und die ganze Pflanze wird an das Vieh verfüttert. Besonders entscheidend für seinen Erfolg in diesen Regionen ist, dass er als Winterbepflanzung der Äcker funktioniert und sich positiv auf die Bodengesundheit auswirkt. So wird er speziell in kleinbäuerlichen Anbausystemen, die auf minimale Bodenbearbeitung setzen, als Winterfrucht eingesetzt.

Als Getreide für die menschliche Ernährung hat der Hafer seit Mitte des 20. Jahrhunderts einen rapiden Rückgang erlebt – gerade in Europa, wo er zuvor ein wichtiges Grundnahrungsmittel darstellte. In den letzten Jahren ist die Beliebtheit von Haferprodukten in manchen Ländern wie Brasilien oder Deutschland zwar wieder etwas gestiegen, z.B. durch die Verbreitung von Produkten wie der Hafermilch, den generellen Abwärtstrend im Haferanbau konnte das aber nicht stoppen.

Ein leckeres Heilmittel

Hafer ist vielseitig einsetzbar und wird vor allem als Haferflocken, Hafermehl und mittlerweile auch als Hafermilch konsumiert. Er ist reich an Ballaststoffen, insbesondere Beta-Glucan, welches nachweislich den Cholesterinspiegel senken kann. Zudem enthält Hafer wichtige Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen, Magnesium, Zink und Vitamin B1. Aus gesundheitlicher Perspektive weist der Hafer einige Vorteile gegenüber den weiter verbreiteten Getreiden Weizen, Reis und Gerste auf. Beim Menschen fördert Haferkonsum die Verdauung, stabilisiert den Blutzuckerspiegel und unterstützt das Immunsystem. Haferprodukte sind auch für Menschen mit Glutenunverträglichkeit oft eine gute Alternative, da Hafer von Natur aus glutenfrei ist, solange er nicht mit glutenhaltigen Getreiden kontaminiert wird.

Darüber hinaus spielt Hafer wie bereits beschrieben in der Tierernährung eine bedeutende und steigende Rolle. Er wird als Futtermittel für Pferde, Rinder und Geflügel verwendet und trägt wie beim Menschen zur Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Tiere bei. Hafer wird sowohl grün als auch als Korn und Heu verfüttert. Auch in der Kosmetikindustrie findet Hafer aufgrund seiner beruhigenden und feuchtigkeitsspendenden Eigenschaften Verwendung – insbesondere in Hautpflegeprodukten. In kleinerem Umfang wird Hafer auch bei der Produktion von Agrosprit eingesetzt oder wird als Heu zur Produktion von Decken und Matratzen genutzt.

Der Hafer und seine Grenzen

Obwohl der Haferanbau weniger intensiv ist als der von anderen Getreidearten, bringt er dennoch erhebliche Herausforderungen mit sich: Besonders problematisch sind Pilzkrankheiten wie der Haferkronenrost (Puccinia coronata). Diese können signifikante Ertragsverluste verursachen, da sie die Photosynthese der Pflanzen beeinträchtigen und die Pflanzen schwächen. Solche Krankheiten erfordern oft den Einsatz von Fungiziden, was die Produktionskosten erhöht und die Umwelt belastet.

Hafer gedeiht am besten in kühleren, gemäßigten Klimazonen. Durch den Klimawandel verstärkte extreme Wetterbedingungen wie Dürre, Überschwemmungen oder unvorhersehbare Temperaturschwankungen können den Anbau erheblich beeinträchtigen. Solche Bedingungen können die Keimung und das Wachstum von Haferpflanzen stören, was zu geringeren Erträgen führt. Obwohl Hafer geringere Ansprüche in Bezug auf Bodenqualität mit sich bringt, kann der kontinuierliche Anbau ohne Fruchtwechsel zu Bodenerosion und Nährstoffmangel führen. Die Monokultur von Hafer kann die Bodenfruchtbarkeit, wie bei anderen Getreiden, langfristig beeinträchtigen. Eine nachhaltige Praxis wie Fruchtfolge und Gründüngung ist notwendig, um die Bodenqualität zu erhalten.

Der globale Handel mit Haferprodukten unterliegt außerdem starken Preisschwankungen, die durch Marktbedingungen, Ernteerträge und politische Faktoren beeinflusst werden. Kleinbauern und -bäuerinnen sind besonders anfällig für solche Schwankungen, da sie oft nicht über die Mittel verfügen, um auf sie zu reagieren.

Praxisbeispiel: Historischer Hafer für nachhaltige Landwirtschaft

Ein herausragendes Beispiel für innovative Haferanbauprojekte ist das „Kornwerk“ in Brandenburg. Swenja Rosenwinkel, Marlene Bruce und Miriam Boyer arbeiten dort mit regionalen Landwirt*innen zusammen, um Hafermilch aus historischen Hafersorten zu produzieren. Kund*innen zahlen einen festen Betrag und erhalten im Gegenzug Hafermilch im Mehrwegglas. Das Modell unterstützt kleinere Strukturen und Familienbetriebe, fördert den Anbau alter Getreidesorten und stärkt das regionale Nahrungsmittelsystem.

Das Projekt „Kornwerk“ zeigt, wie solidarische Landwirtschaft funktionieren kann. Es verbindet Verbraucher*innen direkt mit den Produzent*innen und fördert nachhaltige Anbaumethoden. Durch den Einsatz alter Hafersorten trägt das Projekt auch zur Erhaltung der genetischen Vielfalt bei und bietet sowieso eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlicher Milch. Solche Initiativen sind wegweisend für die Zukunft der Landwirtschaft und die Förderung lokaler, nachhaltiger Ernährungssysteme.

Quellen

FAO: Fodder Oats. a world overview. Link.
Haack Weltatlas-Online: Infoblatt Hafer. Link.
Hafer. Die Alleskönner. Link.
Transparenz Gentechnik: Hafer. Link.
tip Berlin: „Kornwerk“-Hafermilch: Solidarische Landwirtschaft fürs Milchregal. Link.