Roggen, Secale cereale

Fläche global: 4,2 Millionen Hektar
Fläche auf dem Weltacker: 5,2 m² (0,26%)
Herkunftsregion: Südwestasien
Hauptanbaugebiete: Russland, Polen, Deutschland
Verwendung / Hauptnutzen: Teigwaren, vor allem Brot
Roggen war im Europa des Mittelalters eine gefährliche Pflanze. Durch den Befall von Mutterkorn kam es besonders in Hungerzeiten zu Massenvergiftungen. Heute ist Roggen ein beliebtes Brotgetreide, welches besonders durch seinen Geschmack und seine lange Haltbarkeit überzeugt.
Tiefreichende Wurzeln lockern den Boden
Die Roggenpflanze ist einjährig und wird entweder im Herbst oder im Frühjahr gesät, um im darauffolgenden Sommer geerntet zu werden. Sobald das Korn im Boden ist und keimt, wachsen mehrere Halme, die bis zu 3 m hoch werden können. Durch gezielte Züchtung auf kürzere Halme ist der heutige Roggen meist zwischen 1 und 1,5 m hoch. Auch die Wurzeln haben ein großes Wachstumspotenzial und können mit einem Meter tief in den Boden eindringen. Schaut man auf ein Roggenfeld, so fällt auf, dass die Pflanzen eine leicht bläuliche Färbung aufweisen. Die Ähren an den Spitzen der Halme werden zwischen 5 und 20 cm lang und enthalten die Roggenkörner. An den Ähren finden sich die typischen Grannen, lange dünne Fortsätze, die an Borsten erinnern. Diese nehmen wichtige Funktionen ein: Grannen tragen in der Natur zur Verbreitung der Samen bei. Streift ein Tier eine Pflanze, verhaken sich die Grannen mitsamt der Samen und landen so an anderen Orten. Außerdem sind die Pflanzen durch die Grannen trockenheitstoleranter und nicht so beliebt bei Fressfeinden wie dem Wildschwein. Für den Menschen können sie aber Probleme bei der Ernte und Verarbeitung verursachen, da sie technische Probleme beim Dreschen und Reinigen und Verschleiß an Erntemaschinen verursachen können.
Roggen – eine widerstandsfähige Getreideart
Die Wildart des Roggens stammt, wie auch andere wichtige Getreidearten wie Weizen oder Gerste, aus dem Fruchtbaren Halbmond. Im dortigen Anbau war Roggen vermutlich ein „Unkraut“ und wurde mit dem Saatgut von anderem Getreide auf dem Weg nach Europa mitgeschleppt. Erst im rauen Klima Europas wurde Roggen dann vor rund 3500 Jahren kultiviert. Roggen ist also um einiges jünger als Weizen oder Gerste, welche schon seit über 10.000 Jahren angebaut werden. Für die Griechen, die vor ca. 2000 Jahren lebten, war Roggen nur Notzeitnahrung, während es in kälteren Regionen Europas für die Kelten, Germanen und Slawen ein wichtiges Brotgetreide war.
Grundsätzlich bietet Roggen im Gegensatz zu anderen Getreidearten den großen Vorteil des geringen Standortanspruches: So gedeiht Roggen auch auf sandigen, nährstoffarmen Böden mit geringer Feuchtigkeit. Die Aussaat des Winterroggens erfolgt in Europa meist im frühen Herbst, denn die jungen Pflanzen sind bis zu einer Temperatur von -25°C winterfest und somit die winterhärteste Getreideart weltweit. Im folgenden Frühjahr entwickelt sich die Pflanze schnell, sodass sie verhältnismäßig früh geerntet werden kann. Daher ist Roggen für Räume mit trockenen Sommern prädestiniert. Durch die geringeren Umweltanforderungen ist Roggen gleichzeitig weniger empfindlich gegenüber Schädlingen. Folglich ist der Einsatz von Pestiziden und Dünger seltener „notwendig“. Heute wird Roggen vor allem in Russland, Polen und Deutschland angebaut.
Brotbacken mit Sauerteig
Roggen hat eine lange Geschichte als Brotgetreide. Um ein 1kg-Brot aus Roggen herzustellen, braucht es rund 2 m2 Ackerfläche. Anders als Weizen kann man Roggenbrot nicht mit reiner Hefe herstellen, man braucht die Säure eines Sauerteigs. Beim Sauerteig wird der Teig mit Hilfe von Milchsäurebakterien und natürlichen Hefen vergoren und es entsteht Kohlendioxid, das den Teig auflockert. Durch die Vergärung werden Verdaulichkeit, Aroma, Geschmack und Haltbarkeit verbessert. Doch nicht nur Backwaren werden aus Roggen hergestellt, auch hochwertiger Wodka oder sogenannter „Korn“ entstehen aus der Fermentation und anschließender Destillierung von Roggenkörnern. Darüber hinaus spielt Roggen in der Tierhaltung eine wichtige Rolle. Denn Roggen kann in seiner grünen Wachstumsphase als Futterpflanze für Tiere genutzt werden. Die saftigen Blätter und Stängel des Roggens sind besonders reich an Ballaststoffen und können eine wertvolle Futterquelle für Wiederkäuer wie Rinder und Schafe darstellen. Darüber hinaus finden die Roggenkörner durch ihre hohe Energiedichte Verwendung als Ergänzungsfutter. Für den Boden ist Roggen auch wichtiges „Futter“: Roggen in Mischanbau mit z.B. Wicke kann als Gründüngung den Boden über den Winter bedecken und so vor Erosion schützen, das Bodenleben mit Nahrung versorgen und den Boden auflockern.
Massenvergiftungen durch Mutterkorn
Eine Herausforderung im Roggenanbau ist das oben erwähnte Mutterkorn. Hierbei keimt der Mutterkornpilz anstelle eines Roggenkorns in der Ähre. Es entsteht eine dunkel gefärbte Überdauerungsform des Pilzes, die an ein vergrößertes schwarzes Korn erinnert. Mutterkorn produziert giftige Alkaloide, die für den Menschen tödlich sein können. Lähmungen, Krämpfe, Halluzinationen, Ohnmacht und das Absterben ganzer Gliedmaßen waren die Folge. In der Vergangenheit kam es besonders in Hungerzeiten zu Massenvergiftungen, da die arme Bevölkerung kein ausreichend gereinigtes Getreide zur Verfügung hatten. Heute ist das Risiko von Vergiftungen durch vorbeugende Maßnahmen im Anbau, angemessene Reinigung des Getreides und verschiedene Untersuchungen nahezu ausgeschlossen. Gesundheitliche Probleme macht der Roggen noch immer in seiner Blütezeit den Pollenallergiker*innen und er ist eine relevante Allergiepflanze.
Quellen
Universität Potsdam: Vom Unkraut zur Kulturpflanze. Der Roggen. Link.
Wiesemüller, W. (2005): Aktuelle und historische Bedeutung von Mutterkorn. Link.
SWR: Wie funktioniert Sauerteig und was passiert im Brot? Link.
Medienwerkstatt Wissenskarten: Die verschiedenen Getreide – Roggen. Link.
Hillman (2913): On the Origins of Domestic Rye—Secale Cereale: the Finds from Aceramic Can Hasan III in Turkey. Link.
Zohary, D., Hopf, M., & Weiss, E. (2012). Domestication of Plants in the Old World: The origin and spread of domesticated plants in Southwest Asia, Europe, and the Mediterranean Basin. Oxford University Press.