Weizen, Triticum

Fläche global: 209 Millionen Hektar
Fläche auf dem Weltacker: 264 m² (13,2%)
Herkunftsregion: vorderer Orient (Ägypten, Syrien, Irak)
Hauptanbaugebiete: Indien, Russland, EU, China
Verwendung / Hauptnutzen: Nahrungsmittel (Mehl für Brot, Nudeln), Tierfutter
Weizen ist die Pflanze mit der größten Anbaufläche auf unserem Weltacker und deckt als eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel rund 20 Prozent des Kalorienbedarfs der Weltbevölkerung. Ein Fünftel der Ernte wird jedoch weltweit an Tiere verfüttert. Weizen hat sich außerdem an der Börse einen Namen als Spekulationsobjekt gemacht und ist eine der meistgehandelten Ackerkulturen weltweit.
Weltmeister Weizen: Wie wächst er?
Es gibt viele verschiedene Weizenarten (z.B. Weichweizen, Hartweizen, Dinkel, Einkorn und viele mehr) und Tausende von Sorten, die aus Kreuzung von verschiedenen Getreide- und Wildgrasarten entstanden sind. Wie die ursprüngliche Weizen-Kreuzung aus Emmer mit einem Wildgras gehören sie alle zur Familie der Süßgräser (Poaceae). Weizen ist ein einjähriges Ährengras, meist ohne „Borsten“ (Grannen). Der aufrechtstehende Fruchtstand ist mit zweizeilig, abwechselnd links und rechts des Stängels stehenden Körnern besetzt. Die Pflanze zählt zu den Intensivwurzlern, deren Wurzeln bis zu einem Meter tief in den Boden reichen.
Weizen ist anspruchsvoll und bevorzugt relative Trockenheit und Wärme sowie schwere, nährstoffreiche Böden aus Lehm oder Schwarzerde mit einer hohen Wasserkapazität. Winterweizen ist dabei ertragreicher als Sommerweizen, stößt aber wegen seiner begrenzten Frosthärte in nördlicheren und durch kontinentales Klima geprägten Ländern schnell an seine biologischen Grenzen.
Angebaut wird zu 90% Weichweizen (Triticum Aestivum), der meist höher als Hartweizen (Triticum Durum, die zweithäufigste Sorte) wächst. Anders als bei den Vorformen Einkorn und Emmer lässt sich beim Weizen das Korn leicht von den Spelzen lösen und damit schneller verarbeiten.
Das Weizenkorn besteht zu 70% aus Stärke, zu 10-14% aus Proteinen – hierzu zählt auch das Klebereiweiß Gluten, das bei einigen Menschen zu mehr oder weniger ausgeprägten Unverträglichkeiten führen kann – und zu 12% aus Wasser. Mineralstoffe, B-Vitamine, Vitamin E und Faserstoffe sind moderat in der äußeren Hülle des Korns enthalten.
Vom fruchtbaren Halbmond um die Welt
Unser moderner Weizen wird seit dem Neolithikum kultiviert und stammt aus dem sogenannten fruchtbaren Halbmond und Mesopotamien (mit dem heutigen Israel, Jordanien, Südtürkei, Kurdistan, Libanon, Syrien, Zypern, Irak und Westiran). Der Weizen verbreitete sich über die ganze Welt und gewann so an Bedeutung als Grundnahrungsmittel: Europa erreichte er vor ca. 9500 bis 7000 Jahren, über die Seidenstraße gelangte er vor 8500 Jahren nach Indien und vor 4500 Jahren nach China. Später (vor über 2000 Jahren) erreichte er auch Nordafrika und mit der kolonialen Besetzung ab dem 16. Jahrhundert Süd- und Nordamerika. Wegen der leichten Transportierbarkeit waren Körner, Mehl und Brot als Reiseproviant bestens geeignet. Weizen war seit frühester Zeit Handelsgegenstand, Zahlungsmittel und Bestandteil von Tributleistungen.
Mit einer Intensivierung des Anbaus ab dem Mittelalter bis in die Neuzeit entstanden die Kornkammern der Welt in Europa, Indien, China, Russland, Ukraine, USA und Argentinien – zum Teil auch im Rahmen von Kolonialisierung. Wurde Weizen aufgrund der bis in die Neuzeit geringen Anbaumengen und hohen Transportkosten vorwiegend von der wohlhabenden Bevölkerung konsumiert, änderte sich das mit dem Ausbau der Eisenbahnnetze und der Industrialisierung der Getreidemühlen ab Ende des 18. Jahrhunderts. Dies führte zu einer deutlichen Ausweitung des Anbaus, wobei die gestiegenen Produktionsmengen durch den Einsatz von Erntemaschinen bewältigt wurden.
Die globale Weizenernte betrug im Jahr 2022 über 800 Millionen Tonnen und Weizen ist damit nach dem Mais die Kultur mit der zweitgrößten Ernte. Die größten Produktionsländer sind die EU-Staaten, China, Indien, wo im globalen Vergleich auch am meisten Weizen konsumiert wird, sowie Russland und die USA. Außer China gehören diese Länder neben Australien und Kanada auch zu den großen Weizenexporteuren. Besonders wichtige Importeure von Weizen sind Ägypten, Indonesien, Algerien, Brasilien und Bangladesch. Hier wird aufgrund der klimatischen Bedingungen kaum Weizen angebaut.
Brote, Pasta, Kuchen: alles Weizen!
Als Nahrungsmittel wird hauptsächlich Weichweizen für die Mehlgewinnung angebaut, aus dem das weit verbreitete Weißbrot und viele Kuchenarten bestehen. Auch dank seines hohen Nährwerts – 100 Gramm liefern 339 Kilokalorien – hat sich Weizen so weit verbreitet. In Asien und vielen Regionen Afrikas sind in der Pfanne, am Feuer oder in Öfen gebackene Fladenbrote besonders beliebt; in Europa und Nordamerika vor allem vielfältige Brotformen vom Baguette über das Toastbrot bis zum Brötchen, welches es als Dampfbrötchen auch in China gibt.
Ob Brot, Kuchen oder Nudeln – jeder Teig setzt sich hauptsächlich aus Mehl und Wasser zusammen. Dazu kommen Salz, Zucker und Öl oder Butter, evtl. auch Hefe zum Brot, oder Ei zur Pasta und zum Kuchen. Einen großen Einfluss auf das Endprodukt hat dabei der Mehltyp, der unterscheidet, welche Bestandteile vom Korn vermahlen sind. Werden bei Vollkornprodukten auch die Schalen (Kleie) mitgemahlen, wird das Mehl umso feiner, heller und glutenreicher, je mehr Bestandteile des Korns aussortiert sind. Dafür hat das feine Mehl vom Typ 405, das noch feinere Pizzamehl vom Typ 00 oder das indische raffinierte Weißmehl Maida andere Backeigenschaften als ein Vollkornmehl vom Typ 1600.
Aus Hartweizen werden neben Bulgur und Couscous vor allem Pasta produziert. 2021 waren das weltweit 16,9 Mio Tonnen und mit über 500 Sorten hat kein Land so viele Nudelvarianten hervorgebracht wie Italien.
Weizen findet außerdem bei der Herstellung von Bier, Whiskey und Speiseöl Verwendung.
Bei manchen Menschen führt Weizen zu Unverträglichkeiten – zum Beispiel Weizenallergie oder Zöliakie. Einen kompletten Überblick über die Verträglichkeiten des Weizens findet ihr zum Beispiel beim Zentrum der Gesundheit.
Schon gewusst?
In John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“ und im gleichnamigen Film von John Ford ist Weizen der Hauptakteur vor dem Hintergrund einer Naturkatastrophe, die bis heute als kollektive Erinnerung in Amerika fortlebt.
In den USA hatte die Parole „Der Weizen wird den Krieg gewinnen“ und die ständig steigenden Preise, die vor allem seit dem Ersten Weltkrieg – für Weizen bezahlt wurden, die Great Plains (Mittlerer Westen) in ein riesiges Getreidegebiet verwandelt. Ein Reporter prägte den Begriff „Dust Bowl“ (Staubschüssel), als im April 1935 ein schwerer Staubsturm über Kansas, Colorado, Oklahoma, Texas und New Mexico hinwegfegte und eine Fläche fast doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland in eine trostlose Wüste verwandelte. Die schwere Umweltkatastrophe war zum einen die Konsequenz einer Trockenperiode, die bereits in den 1930er Jahren eingesetzt hatte. Zum anderen resultierte sie aus dem profitorientierten und rücksichtslosen Umgang der Landwirte mit ihrem Land. Im Zentrum der Great Plains waren 1888 nur 3% Weizen angebaut worden, 1930 machte er über 90% der Ernte aus. Dass die riesigen Mähdrescher die dünne Ackerkrume der Prärie rasch zerstoben oder abtrugen, störte nur die wenigsten Grundbesitzer, von denen in den 1930er Jahren fast ein Fünftel als Spekulanten ihren Hauptwohnsitz in den Städten hatten. Hunderttausende Menschen verloren als Folge der Dust Bowl-Katastrophe ihre Lebensgrundlage.
Weizen am Markt – Spekulationsobjekt
Weizen nimmt über 13% der weltweiten Anbaufläche ein und steht aufgrund seiner Rolle als eines der globalen Hauptnahrungsmittel im Fokus von Politik, Handel und Agrarindustrie.
Weizen wird an der Börse gehandelt und ist damit Spekulationsobjekt, auf dessen durch Klima oder auch Krieg beeinflusste schwankende Erntemengen gewettet wird. Dazu kommt verschärfend die Abhängigkeit von wenigen großen Agrarkonzernen. Besonders die importabhängigen Länder spüren den unmittelbaren Einfluss der schwankenden Weltmarktpreise auf die Brotpreise und damit die gesamte Ernährungssituation. Beispielsweise hat Russlands Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 die ohnehin schon hohen Preise für Getreide zuerst weiter steigen lassen, obwohl zu dem Zeitpunkt kein Gramm Weizen gefehlt hat. Ein Mangel herrschte zwar zu Beginn des Krieges nicht, aber manche erwarteten ihn und wollten damit viel Geld verdienen. Seitdem ist der Preis heftigen Schwankungen unterworfen.
Davon unabhängig sollen die Erntemengen weiter gesteigert werden und so wird die Industrialisierung der zumeist konventionellen Landwirtschaft vorangetrieben. Weizen ist empfindlich, daher wird gegen Schädlinge, Pilze und Unkraut mit Giften vorgegangen – und er benötigt viel Stickstoff, weshalb viel mit (vermeintlich billigem) Kunstdünger gedüngt wird. Dies hat negative Folgen, beispielsweise die Auslaugung und Vergiftung der Böden durch Düngung und Pestizide, Anfälligkeit für Schädlinge durch Monokultur und Pestizideinsatz, Verlust an Biodiversität, höhere CO2-Emmissionen und vieles mehr. Die Bodenkrume wird durch intensive, einseitige Nutzung immer weiter reduziert, schwere Maschinen verdichten die verbliebenen Reste. Dies wiederum verringert die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens im Falle von (Stark-)Regen. Eine Antwort auf Umweltveränderungen und Schädlinge wird in gentechnisch veränderten Züchtungen gesucht – diese „funktionieren“ jedoch nur in einem industriellen Landwirtschaftssystem und bringen umfangreiche, wenig erforschte Risiken für Artenvielfalt, Bodengesundheit und Bäuerinnen und Bauern mit sich. So entwickelt die Saatgutindustrie beispielsweise einen gegenüber Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat resistenten hybriden Weizentyp, der die Landwirt:innen in ihre Abhängigkeit bringt – ein Teufelskreis.
Quellen
Sodi!: History of Food: Weizen
Zentrum der Gesundheit: Weizen – Die Arten und die Verträglichkeit