Baumwolle, Gossypium

Fläche global: 32,1 Millionen Hektar
Fläche auf dem Weltacker: 38,5 m² (1,93%)
Herkunftsregion: Amerika, Asien, Afrika
Hauptanbaugebiete: Indien, USA, China, Pakistan
Verwendung / Hauptnutzen: Textilien (Faser), Öl

Weiße Wolken vom Feld

Als Pflanze gehört die Baumwolle zur Familie der Malvengewächse (Malvaceae) und umfasst 51 Arten. Zumeist wachsen die Baumwollpflanzen auf den Äckern als einjährige krautige Pflanzen oder Sträucher mit Laubblättern. Sie machen hübsche weiße, rosa oder gelbe Blüten, aus denen sich später die Baumwollkapseln entwickeln. In dieser Kapsel befinden sich die stark behaarten Baumwollsamen, die auch das Gift Gossypol enthalten. Sobald die Kapsel reif ist, springt sie auf und die Haarfasern der Baumwollsamen werden als dichte weisse Watte sichtbar. In der Natur hilft die Watte dem Baumwollsamen, mit der Luft weit zu fliegen. Zudem kann die Watte viel Regenwasser speichern und hilft so dem Samen zu keimen.

Weiße Wolle mit dunkler Geschichte

Das Spezielle an der Baumwolle ist, dass sie vor Jahrtausenden an vier Orten auf der Welt völlig unabhängig voneinander domestiziert wurde: In Mittelamerika (Gossypium hirsutum), in Südamerika (Gossypium barbadense), in Asien (Gossypium arboreum) und in Afrika (Gossypium herbaceum). An all diesen Orten merkten die Menschen, dass aus den Samenhaaren der Baumwolle eine Pflanzenfaser für Textilien gewonnen werden kann. In Mehrgarh, der ältesten neolithischen Siedlung des Indus-Tales in Indien wurden Beweise für Baumwollfasern gefunden, die aus einer Zeit um 6000 vor unserer Zeitrechnung stammen und in den Anden Südamerikas gibt es Zeugnisse erster Baumwolltextilien, die um 3000 v. u. Z. gefertigt worden sein müssen. Die Kunst der Textilproduktion ist in dieser Region älter als die Etablierung von Keramik oder die Kultivierung von Mais.

Über die Seidenstraße und andere Handelsrouten gelangte die Baumwolle im Mittelalter nach Europa. Hier war sie aber lange Zeit ein Luxusgut – Wolle und Leinen waren deutlich preiswerter. Erst mit der industriellen Revolution wurde Baumwolle die prominente Faserpflanze.

Mit der Erfindung der Spinnmaschine «Spinning Jenny» (1764) und der Cotton Gin Maschine (1793) wurde es möglich, Baumwollfasern maschinell von den Baumwollkernen zu trennen und kostengünstig zu verarbeiten.Dies führte insbesondere zu einer Ausweitung des Baumwollanbaus in den USA und in Indien (unter britischer Kolonialmacht). In den USA ist die Geschichte des Baumwollanbaus eng mit der Sklaverei und dem Elend vieler Millionen Menschen aus Afrika verbunden. Zu Beginn der Kolonialzeit kam Baumwolle in den USA hauptsächlich aus Indien, da ihre Produktion sehr zeitintensiv war und in den USA zu teuer gewesen wäre.  Sklav*innen mussten unter widrigen Umständen riesige Baumwollfelder anlegen und die harte Arbeit in der Bauwollproduktion verrichten. Zwischen 1790 bis 1800 stieg der jährliche Baumwollexport in South Carolina von weniger als 10.000 auf mehr als sechs Millionen Pfund (= Pound) an. Während die Kolonisatoren vom Baumwollhandel profitierten, kam es zur grössten Ausdehnung der Sklaverei. Mehr Menschen als jemals zuvor (z.B. beim Tabak oder Reisanbau) litten unter den grauenhaften Bedingungen in den Plantagen oder fanden ihren Tod durch die Sklaverei in der Baumwollproduktion.

Mahatma Ghandi, der geistigen Führer der Unabhängigkeitsbewegung in Indien, machte das Baumwollspinnen am Spinnrad zum Symbol für den gewaltfreien Widerstand gegen die Kolonialmacht. Indien wurde durch die Baumwollproduktion von den Engländern stark ausgebeutet. Ghandi rief dazu auf, keine billigen Baumwollstoffe aus England zu kaufen, sondern stattdessen selber nach alter indischer Tradition Baumwolle zu spinnen. Noch heute ist auf der indischen Nationalflagge ein Spinnrad abgebildet und offizielle indische Flaggen müssen aus Khadi, einem von Hand gesponnenen Garn, gefertigt sein.

Durstige Faser in Trockengebieten

Ursprünglich ist die Baumwollpflanze eine sehr ausdauernde Pflanze, die gut mit Trockenheit umgehen kann und mehrjährig ist. Weil die Baumwollernte im ersten Jahr aber am größten ist, wird sie heutzutage beinahe überall einjährig angebaut. Um hohe Erträge zu liefern, braucht Baumwolle in der Wachstumsphase viel Wasser und Wärme. Für eine hohe Qualität bei der Ernte der weißen Baumwollwatte ist es aber wichtig, dass sie in einer trockenen Periode erfolgt. Bei Regen würde sich die Watte mit Wasser vollsaugen und verfaulen. Aus diesem Grund wird Baumwolle heutzutage in Trockengebieten angebaut und künstlich bewässert. Baumwolle ist die Ackerkultur mit dem wohl höchsten Wasserverbrauch weltweit. Schätzungen zufolge verbraucht der Baumwollanbau ungefähr gleich viel Wasser, wie alle privaten Haushalte der Erde zusammen konsumieren. Wie viel Wasser das genau ist und woher es stammt, ist von Region zu Region unterschiedlich. Da Baumwolle in Trockengebieten kultiviert wird, führt die künstliche Bewässerung der Felder oft zu Wassermangel.

Ein eindrückliches und erschreckendes Beispiel ist der Aralsee zwischen Usbekistan und Kasachstan, der bis in die 1960er Jahre der viertgrößte Binnensee der Erde war. Durch die Wasserentnahme für die Bewässerung der riesigen Baumwollfelder in der Gegend schrumpfte der Aralsee um mehr als die Hälfte. Die ausgetrockneten Ufergebiete sind monotone Salzwüsten, viele Fischer verloren ihre Arbeit und in den übriggebliebenen Teilen des Sees ist der Salzgehalt viel höher als im Meerwasser, so dass Trinkwasser in der Region zur Mangelware geworden ist. Auch in Westafrika gibt es Probleme mit dem Trinkwasser: Hier werden die Baumwollfelder zwar mit Regenwasser bewässert, doch die chemischen Düngemittel und Pestizide des Baumwollanbaus verschmutzen das Grundwasser ganzer Landstriche.

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Weitere Informationen
Austrocknung des Aralsees 1984-2016

Tragischer Weltmeisterin: Chemikalieneinsatz

Obwohl Baumwolle nur auf etwas über zwei Prozent der weltweiten Ackerfläche angebaut wird, werden hier 10 bis 20 Prozent aller Pestizide versprüht. Baumwolle hält also nicht nur den Weltrekord als Ackerkultur mit dem höchsten Wasserverbrauch, sondern sie ist wohl auch die Kultur mit dem größten Chemikalieneinsatz. Eine Gefahr für Mensch, Natur und Umwelt in den betroffenen Regionen. Meistens wird konventionelle Baumwolle als Monokultur angebaut. Die lange Wachstumszeit der einjährigen Kultur lässt keine Zeit für Zwischenfrüchte zur Bodenverbesserung. Das laugt den Boden aus und macht es Schädlingen leicht, sich auszubreiten. Um trotzdem hohe Erträge zu erzielen, werden auf den Feldern viel Mineraldünger und Pestizide ausgebracht. Gemäß dem Umweltinstitut München wird ein durchschnittliches Baumwollfeld pro Saison rund zwanzig Mal mit Ackergiften aller Art besprüht. Die Landarbeiter*innen sind diesen Giften oft ohne genügenden Schutz ausgeliefert und tragen die gesundheitlichen Konsequenzen. Es kommt zu akuten Vergiftungen, die bis zum Tod führen können und der dauernde Kontakt mit Pestiziden fördert gravierende Krankheiten wie Krebs, Nervenschäden, Hormonstörungen oder Unfruchtbarkeit.

Auch die Biodiversität, die schon zuvor durch das Anlegen der Monokulturen zu Schaden kommt, nimmt durch den hohen Pestizideinsatz weiter ab und Böden und Grundwasser werden belastet. Hinzu kommt, dass der Anbau von genmanipulierten Baumwollpflanzen enorm verbreitet ist: 2019 wuchsen auf fast 80 Prozent der weltweiten Anbaufläche gentechnisch veränderte Baumwollsorten, in Indien war es gar auf 95 Prozent der Fläche. Dies trägt zum Verlust der genetischen Vielfalt bei und fördert das Risiko von Resistenzen bei Schädlingen. Die Bäuer*innen geraten zudem in eine Abhängigkeit, weil sie immer wieder neues Saatgut und Pestizide kaufen müssen. An vielen Orten auf der Welt ist es inzwischen schwierig geworden, überhaupt an Baumwollsaatgut heranzukommen, das sich auf natürliche Weise vermehren lässt.

Von der Saat bis zum T-Shirt

Rund 80 Länder der Tropen und Subtropen bauen heute Baumwolle an. Die wichtigsten Anbaugebiete liegen in China, Indien, Brasilien, USA… Die weltweite Anbaufläche von gut 30 Millionen Hektar ist seit siebzig Jahren in etwas stabil geblieben, aber die Erträge haben sich in diesem Zeitraum fast verdreifacht. Es wird geschätzt, dass rund 200 Millionen Menschen von der Baumwollproduktion leben. Während in den USA vor allem Großproduzenten im Sektor tätig sind, sind es in Kamerun, Togo und anderen westafrikanischen Ländern viele Familienbetriebe. In diesen Ländern ist Baumwolle eines der wichtigsten Exportgüter, doch die Preise auf dem internationalen Markt werden durch subventionierte Baumwolle aus Industrieländern niedrig gehalten. Auch wenn der Baumwollanbau in einigen Gegenden zur Verbesserung der ländlichen Infrastruktur wie Straßen, Schulen oder Spitälern beigetragen hat, so gehören die westafrikanischen Baumwollbäuer*innen doch zu den Ärmsten. Viele Kleinbetriebe sind auf die Hände aller Familienmitglieder angewiesen, um mit der enorm aufwändigen Baumwollproduktion finanziell einigermassen über die Runden zu kommen. So ist leider auch Kinderarbeit verbreitet.

Von der Aussaat bis zur Ernte der Baumwolle dauert es circa acht bis neun Monate. Baumwollpflanzen blühen über einen langen Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass auch die Baumwollkapseln zu unterschiedlichen Zeiten erntereif sind. Kleinbauernbetriebe ernten die Baumwolle in mehreren Durchgängen von Hand. Das ist sehr arbeitsintensiv, hat aber den Vorteil, dass immer nur die reifen Baumwollbüschel abgeerntet werden. Von Hand gepflückte Baumwolle ist deshalb meistens sauberer und hat die höhere Reifequalität als mit Pflückmaschinen geerntete Baumwolle. Die maschinelle Ernte erfolgt in einem einzigen Durchgang und ist daher immer ein Kompromiss bezüglich des Reifegrades der Baumwollbüschel. Auf den riesigen Monokultur-Flächen in Texas werden manchmal auch chemische Entlaubungsmittel eingesetzt, damit die Pflückmaschinen die Faserbüschel gut abernten können.

Nach der Ernte werden in einem mechanischen Prozess Rückstände aus den Baumwollkapseln entfernt und die Fasern von den Samen getrennt. Qualitätsmerkmal bei Baumwollfasern ist neben Farbe, Reifegrad und Sauberkeit die sogenannte Stapellänge. Damit ist die Faserlänge gemeint, die zwischen 18 und 42 Millimeter liegt. Die langen Samenhaare der Baumwolle heißen Lint. Sie sind besonders wertvoll, denn aus ihnen kann ein feines Baumwollgarn für hochwertige Textilien gesponnen werden. Die mittelstaplige Baumwolle macht ungefähr 90 Prozent des Marktes aus und wird für alle möglichen Gewebe verwendet.

In den Textilfabriken kommt die Baumwolle erneut mit unzähligen Chemikalien in Kontakt: Zum Bleichen, Färben, Gerben und Veredeln werden tausende verschiedene Chemikalien eingesetzt, von denen viele potenziell gesundheits- und umweltschädlich sind. Diese Gifte gefährden die Textilarbeiter*innen, die oftmals zu Hungerlöhnen schuften müssen und kaum Schutzkleider tragen können. Die Textilindustrie ist sehr wasserintensiv und viele der gesundheitsgefährdenden Chemikalien gelangen mit den Abwässern in die Umwelt. Bei den Konsument*innen rund um den Globus sind Baumwolltextilien aber nach wie vor sehr beliebt: Sie kratzen nicht, sind atmungsaktiv, dehnbar, reißfest und allergikerfreundlich und können bei Bedarf problemlos in der Kochwäsche gewaschen werden.

Geld, Öl, Fischernetze

Die Linters bestehen hauptsächlich aus Cellulose und sind in der Papierindustrie als hochwertiger nachwachsender Rohstoff sehr gefragt. Aus Linters werden z.B. Geldscheine und andere reissfeste Papiere hergestellt. In der Lebensmittelindustrie werden Linters zudem zu Lebensmittelzusatzstoffen wie Verdickungsmittel, Stabilisatoren und Emulgatoren verarbeitet.

Raffiniertes Baumwollsaatöl kommt zum Beispiel als Speise- und Frittieröl oder als Inhaltsstoff von Margarine auf unsere Tische. In den USA ist Baumwollsaatöl das am meisten verwendete Speiseöl und ist auch in der Lebensmittelindustrie für Fertigprodukte sehr gefragt. Amerikanische Chips, Erdnussbutter oder Corn Flakes enthalten sehr oft Baumwollsaatöl. Es ist sehr hitzebeständig und hat einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Wegen den vielen Pestiziden im Baumwollanbau ist das Öl als Speiseöl aber auch umstritten.

Baumwollsaatöl dient auch als Ausgangsprodukt für Kosmetika. Das Schrot der Bauwollsaat wird als Tierfutter verwendet. Der Presskuchen, der bei der Herstellung von Baumwollsaatöl übrigbleibt, ist sehr eiweißreich. Er hat aber einen hohen Gehalt an giftigem Gossypol. Deshalb werden damit nur ausgewachsene Wiederkäuer gefüttert. Baumwolle wird weiter zur Herstellung von Verbandsmaterial für die Medizin oder für Kosmetik und Hygieneprodukte wie Watte oder Wattestäbchen verwendet. Aufgrund ihrer Reissfestigkeit sind auch viele Fischernetze, Seile und Taue aus Baumwolle. Früher wurden Feuerwehrschläuche aus Baumwolle hergestellt.

Baumwolle nachhaltig – geht das?

Wer nicht auf Baumwolltextilien verzichten möchte, kann beim Kleiderkauf auf die Herstellung aus Bio-Baumwolle achten. Im biologischen Baumwollanbau sind keine giftigen Pestizide und genveränderten Sorten zugelassen und der Anbau erfolgt in Fruchtfolge und damit bodenschonender als im konventionellen Anbau. Die Bäuer*innen und Pflücker*innen auf den Feldern sind im Bio-Anbau weniger Gefahren ausgesetzt und bekommen in der Regel leicht bessere Löhne. Am besten ist es, wenn ihr beim Kauf ein Siegel wählt, das sowohl den biologischen Anbau wie auch soziale Mindeststandards garantiert. Dies ist z.B. bei GOTS der Fall.

Eine der wichtigsten Dinge, die ihr selber aber unternehmen könnt, ist darauf zu achten, nicht zu viel Kleidung zu kaufen und zu verbrauchen: Tragt die Kleidung so lange wie möglich und spendet oder verschenkt aussortierte Kleidung an Menschen, die sie brauchen. Auch selber könnt ihr natürlich zu Second Hand Kleidung greifen und somit der Verschwendung der Baumwolle entgegenwirken.

Quellen

Deutschlandfunk: Baumwolle aus Usbekistan. Ohne Kinderarbeit in den Westen. Link.
Global 2000: Baumwolle. Link.
PlanetWissen: Baumwolle. Link.
Utopia: 10 Fakten: Was du über Bio-Baumwolle wissen solltest. Link.
Biologie-Seite: Baumwolle. Link.
Lexikon des Agrarraums: Baumwolle. Link.
Transparenz Gentechnik: Gentechnisch veränderte Baumwolle. Anbauflächen weltweit. Link.