Kartoffel, Solanum tuberosum
Fläche global: 17,4 Millionen Hektar
Fläche auf dem Weltacker: 21 m² (1,1 %)
Herkunftsregion: Südamerika
Hauptanbaugebiete: China, Russland, Indien
Verwendung / Hauptnutzen: Nahrungsmittel, Stärke, Alkohol, Futtermittel
Die Kartoffel ist als Nachtschattengewächs eine Verwandte der Tomate. In ihrer lateinamerikanischen Heimat wird sie in allen Farben, Größen und Formen angebaut. Von dort gelangte sie im 16. Jahrhundert mit spanischen Seefahrern nach Europa und trug in der Folge maßgeblich zur Überwindung des Hungers in den für damalige Verhältnisse übervölkerten Regionen Europas bei.
Eine genügsame Pflanze
Die ein- bis zweijährige krautige Pflanze wächst buschig ca. 30 bis 50 cm hoch. Die Blüten sind weiß oder violett und wachsen am Ende eines Triebes. Unterirdische Seitentriebe des Sprosses enden mit fünf bis zwanzig Knollen, die mit der Mutterpflanze genetisch identisch sind und ihr als Speicherorgane dienen. Aus den Blüten entstehen tomatenähnliche grüne Beeren, die etwa einen Zentimeter Durchmesser haben. Die Beeren enthalten viele Samen, die über zehn Jahre keimfähig bleiben können. Kartoffeln vermehren sich ungeschlechtlich (vegetativ) wie auch geschlechtlich. Bei der vegetativen Vermehrung werden die Knollen 5 bis 10 cm unter die Erde gelegt. Aus den Knospen an den Kartoffelknollen wachsen Triebe, die Spross und Wurzeln bilden. Bei der geschlechtlichen Vermehrung durch Bestäubung der Blüten überwiegt die Selbstbefruchtung. Es gibt frühe, mittlere und späte Kartoffelsorten, die sich in ihrer Wachstumsdauer unterscheiden. Die Ernte erfolgt nach frühestens 90 Tagen bei Frühkartoffeln und bis zu 180 Tagen bei Spätkartoffeln.
Kartoffeln sind flexible und genügsame Pflanzen und werden somit auf der ganzen Welt angebaut. Sie wachsen von Meereshöhe bis auf 4700 Meter über NN, haben einen mäßigen Wasserbedarf und kommen auch mit kühlen Temperaturen und kargen Böden zurecht. Allerdings setzt ihnen der Klimawandel mittlerweile massiv zu – mit immer höheren Bodentemperaturen, anhaltender Dürre einerseits und Überschwemmungen andererseits. Die so geschwächten Pflanzen sind anfälliger gegen Pilzerkrankungen (Braunfäule) und Schädlinge wie den Kartoffelkäfer.
Der Weg zum Hauptnahrungsmittel
In den Anden wird die Kartoffel, eine Nutzpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse, schon seit ca. 10.000 Jahren verzehrt. Kultiviert wurde sie dann zum ersten Mal vor ca. 4.000 Jahren. Mit unseren heutigen Kartoffeln hatten jene Wildformen allerdings nicht viel gemein, denn die Wurzeln waren nur haselnussgroß und schmeckten wegen des hohen Solanin-Gehalts kratzig. Um die Wurzeln haltbar zu machen, wurden sie von den Inkas gefriergetrocknet: einige Tage lang wurden sie in den kalten Nächten zum Trocknen ausgelegt und tagsüber mit den Füßen gepresst, um alles Wasser herauszudrücken. So wurden die Knollen jahrelang haltbar und wurden sogar als Zahlungsmittel benutzt.
Kartoffel? Nein, Danke!
Etwa gegen 1560 brachten spanische Eroberer zum ersten Mal die Knollen in ihrem Reisegepäck nach Europa. Auf See waren sie ein dankbares Nahrungsmittel, da sie sich gut lagern ließen und dank ihres Vitamin C-Gehalts Skorbut verhinderten. Auf dem europäischen Festland wusste man dagegen mit der exotischen Pflanze nur wenig anzufangen. Wegen ihrer schönen Blüten wurde sie zwar Königshäusern für ihre botanischen Gärten geschenkt, als Nahrungsmittel stieß sie aber auf Ablehnung. Das hatte verschiedene Gründe: Als Nachtschattengewächs galt sie wie etwa die Tollkirsche oder Alraune als „Hexenpflanze“, da sie je nach Dosierung eine berauschende oder tödlich giftige Wirkung innehat. Dass man nur die gekochten braunen Wurzeln, nicht aber die oberirdischen Pflanzenteile verzehren sollte, war den meisten Menschen unbekannt. Trügerisch waren auch die Früchte, die die Kartoffelpflanze nach der Blüte ausbildet: Werden sie verzehrt, sind Übelkeit und Vergiftungen vorprogrammiert. Außerdem kommt die Kartoffel mit keinem Wort in der Bibel vor, was die Vorbehalte noch verstärkte. Die Knolle hatte aber durchaus Fürsprecher, wie etwa Großbritanniens Royal Society, die schon 1660 auf ihren Wert im Kampf gegen Hunger hinwies, oder den Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, der 1591 schrieb:
„Dieselbigen, wenn sie gekocht werden, seindt gar anmuthig zu eßen“. – Trotz allem landete die Knolle zuerst nur im Schweinetrog.
Die List des ‚Alten Fritz‘
Auch 200 Jahre nach ihrer Ankunft in Europa hatte sich die Kartoffel nicht durchgesetzt. Friedrich der Große wusste um die Ernährungsqualität der Kartoffel und versuchte, sie zuerst durch Verteilung von Saatknollen zu verbreiten. Als der Erfolg aber ausblieb und sich eine ernsthafte Hungerkrise anbahnte – durch Bevölkerungswachstum und Krieg – griff der König zu Dekreten und Kontrollen. Einer Legende nach griff der ‚Alte Fritz‘ zu einer List, um die Bauern zu überzeugen: Er ließ seine eigenen Felder von Soldaten bewachen, ließ aber Diebstähle bewusst zu. Was für den König so wertvoll war, musste doch auch den einfachen Leuten schmecken!
Siegeszug und Schicksalsschläge
Zum Schluss verhalf der akute Hunger der Kartoffel zu Sieg, den Friedrich II. selbst nicht mehr miterlebte. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts war die Knolle so weit verbreitet, dass sie entscheidend zum wirtschaftlichen Aufschwung des europäischen Kontinents beitrug. Durch das gestiegene Nahrungsangebot (die Kartoffel wächst unkompliziert auch auf schlechten Böden und liefert zwei- bis viermal so viele Kalorien wie Getreide auf der gleichen Fläche) wuchs auch die Bevölkerung, in manchen Ländern so stark, dass sie von der Kartoffel abhängig wurde. In Irland führte die Ausbreitung der Kartoffelpest, eines aus Nordamerika eingeschleppten Pilz, Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Hungersnot, die innerhalb weniger Jahre die Bevölkerung der Insel halbierte – Wer nicht verhungern wollte, wanderte aus, vor allem nach Amerika.
Die besten Kartoffelsprüche
Für jemanden die Kartoffeln aus dem Feuer holen (Deutschland): Es ist praktisch, wenn einem jemand eine unangenehme Aufgabe abnimmt.
Drop somebody or something like a hot potato (Großbritannien): Wenn man sich rasch einer unliebsamen Sache oder Person entledigt, dann lässt man es oder sie fallen wie eine heiße Kartoffel.
No entender ni patata (Spanien): Wenn man in Spanien etwas nicht kapiert, dann „versteht man nur Kartoffel“.
Vai plantar batatas! (Portugal): In Portugal wird Menschen, die verschwinden sollen, geraten, Kartoffeln zu pflanzen.
Avoir la patate (Frankreich): Wenn der Franzose davon spricht, dass er „eine Kartoffel hat“, dann meint er damit, dass er fit, energiegeladen und in Form ist.
In alle Welt
Schon Anfang des 17. Jahrhunderts gab es auch in England und Irland einen nennenswerten Kartoffelanbau. Auswandererfamilien brachten die Kartoffel schließlich nach Nordamerika, Skandinavien und Russland. Nach China kam sie vermutlich von den Philippinen im 16. und 17. Jahrhundert, wohin sie von den spanischen Eroberern gebracht wurde.
Heute ist die Kartoffel nach Reis und Getreide ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Über eine Milliarde Menschen essen die Knolle – 2022 wurden weltweit rund 375 Millionen Tonnen geerntet. Etwa ein Drittel des weltweiten Anbaus erfolgt mittlerweile in China, danach folgen mit deutlich geringeren Mengen Indien, Ukraine, Russland und USA. In China wurde die Kartoffel traditionell als „Gemüse“ verspeist und weniger als Grundnahrungsmittel. Doch 2013 begann die chinesische Regierung mit einer Strategie, Kartoffel als Grundnahrungsmittel zu etablieren. Damit sollte der Ernährungssicherheit und-souveränität Chinas gedient werden. Seitdem haben es in China auch stärker Kartoffelbrot, Kartoffelnudeln, Kartoffelkuchen und andere verarbeitete Formen der Kartoffel auf den Markt geschafft. Doch noch immer werden die Kartoffeln vorwiegend frisch verzehrt oder auch die weltweit berühmten Pommes Frites werden immer beliebter.
Ist die Kartoffel gesund?
Es gibt an die 7.000 verschiedene Kartoffelsorten, von denen einige auch als Industrie- und Futterkartoffeln verwendet werden, zudem noch 180 Wildarten.
Kartoffeln enthalten bis zu einem Viertel Kohlenhydrate in Form von Stärke als wichtiger Energielieferant. Verzehren wir zu viel davon, wird die überschüssige Energie als Fett in unserem Körper eingelagert. In der Kartoffel stecken aber auch viele Mineralstoffe wie Natrium, Magnesium, Kalzium, Eisen, hochwertiges Eiweiß und eine gute Portion Kalium. Auch an B-Vitaminen und dem wichtigen Vitamin C mangelt es der Kartoffel nicht. 100g Kartoffeln enthalten 17mmg Vitamin C. Ein Apfel bringt es bei der gleichen Menge auf gerade einmal 4,6mmg. Die meisten Nährstoffe stecken aber direkt in bzw. unter der Schale – es ist also zu empfehlen, bei Bio-Kartoffeln die Schale mitzuessen. Übrigens besteht die herkömmliche Kartoffel aus gut 77% Wasser und ist mit 70kcal auf 100 Gramm kalorienärmer als oft erzählt wird.
Die Stärke in der Kartoffel ermöglicht auch die Herstellung von Wodka: Durch die Mischung und Erhitzung mit Wasser werden die Stärkemoleküle aufgespalten und es entsteht süße Maische. Mit Hefe wird dann der Gärprozess gestartet, der den Zucker in der Maische in Alkohol umwandelt.
Die Frage der Verarbeitung spielt selbstverständlich eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Gesundheit von Kartoffelkonsum: frisch in Wasser gekocht ist die Kartoffel gesünder als hochverarbeitete Lebensmittel wie Kartoffelchips oder als Pommes Frites in Öl frittiert. Auch in Form von Wodka ist sie natürlich nicht gesund.
Achtung jedoch bei ergrünten Kartoffeln – diese enthalten ein Mehrfaches an Alkaloiden, allen voran Solanin und sollten deshalb nicht verzehrt werden.
Quellen
ARD Alpha: Der Siegeszug der Teufelsknolle
Wang et al. (2021): Potato Processing Industry in China: Current Scenario, Future Trends and Global Impact. Potato Res. 66, 543–562 (2023). Hier verfügbar.