Suche
Suche Menü

Zuckerrohr

Zuckerrohr. Foto: Pixabay

Zuckerrohr (Lat. Saccharum officinarum, Engl. Sugar cane) gehört zur Familie der Süßgräser. Seine genetischen Ursprünge liegen in Ostasien, vermutlich im heutigen Neuguinea. Heute ist es die weltweit wichtigste Pflanze zur Herstellung von Zucker und wird in fast allen feuchtwarmen Gebieten der Welt großflächig angebaut. Das Innere der langen, bis zu 5 cm dicken Halme besteht zu 9-16 Prozent aus kristallisationsfähigem Zucker.

Woher kommt Zuckerrohr?

Die Ursprünge des Zuckerrohranbaus liegen vermutlich im ostasiatischen Neuguinea und reichen in das 5. Jahrhundert v. Chr. zurück. Ganz sicher ist das aber nicht. Sie könnten auch im südostchinesischen oder malaiischen Raum liegen. Im vierten Jahrhundert v. Chr. gelangte Zuckerrohr durch Handel nach Indien und in den persischen sowie arabischen Raum. Der römische Historiker Plinius der Ältere beschreibt den Einsatz von Zucker in der arabischen und indischen Medizin.

Im 5. Jahrhundert nach Christus gelang dann im persischen Gundischapur (heute Iran) erstmals die Raffinierung von weißem aus braunem Rohrzucker.

Im 6. Jahrhundert n. Chr. verbreitete sich der Zuckerrohranbau im Mittelmeerraum durch die arabische Expansion. Obwohl die Pflanze eigentlich tropische oder subtropische Bedingungen benötigt, gelang es den arabischen Einwanderern in Zentralspanien mit hohem Technologieaufwand, Zuckerrohr zu kultivieren. Es entstanden die ersten regelrechten Zuckerrohrplantagen im südlichen Europa und ein damit verbundener reger Zuckerhandel.

Nach Mitteleuropa gelangte die Zuckerrohrpflanze und das zugehörige Wissen erst durch die europäischen Kreuzzüge im Nahen Osten. Durch die klimatischen Bedingungen war die Pflanze aber im mitteleuropäischen Raum nicht kultivierbar. Allerdings wurden im Zuge der Kreuzzüge die arabischen Zuckerrohranbaugebiete im Mittelmeerraum von Christen übernommen. Venezianische Händler förderten auch den Anbau auf Kreta und Zypern. Der gewonnene Zucker wurde so langsam eine Alternative zum Honig, der bisher zum Süßen von Lebensmitteln verwendet wurde. Allerdings blieb er zunächst teuer und so den Oberschichten vorbehalten. Bis zur Züchtung von Zuckerrüben im 18. Jahrhundert war Zuckerrohr die einzige bekannte Quelle zur Gewinnung von Zucker.

Im Jahre 1493 führte Christoph Kolumbus die Zuckerrohrpflanze im karibischen Raum ein. Schnell stellte sich heraus, dass in seinen feuchtwarmen, tropischen Klimabedingungen das Zuckerrohr viel ertragreicher als in Europa kultiviert werden konnte. Etwa zeitgleich gelangte die Zuckerrohrpflanze durch portugiesische Kolonialisten in den westafrikanischen Raum.

Mehrere Millionen Sklaven versorgten Europa mit Zucker

In kurzer Zeit entstanden in den kolonisierten Gebieten des karibischen Raumes große Plantagen, die zumeist von westafrikanischen Sklaven bewirtschaftet wurden. Neben Baumwolle und Tabak, spielte das Zuckerrohr eine bedeutende Rolle im grausamen, transatlantischen Sklavenhandel. 10 bis 15 Millionen Menschen aus Afrika wurden dabei zur Bereicherung der Kolonialmächte missbraucht.

Die Zuckerproduktion war bald so lukrativ, dass zur Gewinnung neuer Anbaugebiete Kriege geführt wurden oder – wie in Frankreich – nach der Ausrufung der allgemeinen Menschenrechte 1790, diese nur auf das ‚Mutterland‘ begrenzt wurden, um die Sklavenarbeit in den Kolonien zu erhalten. Denn die Zuckergewinnung war enorm arbeitsintensiv. Der massive „Arbeitskräfteverschleiß“ forderte immer neue Arbeitskräfte. Anders als beim Baumwollanbau, wurden deshalb vornehmlich junge, männliche Sklaven zur Zuckerherstellung gezwungen. Der kurzen, sehr pflegeintensiven Wachstumssaison und Ernte, folgten verschiedene, arbeitsintensive Mahl-, Koch und Reinigungsprozesse.

Französische Kolonialherren brachten zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Zuckerrohranbau in den Süden der heutigen USA. Obwohl der heutige US-Bundesstaat Louisiana klimatisch nur bedingt geeignet war, etablierte sich das Zuckerrohr hier relativ schnell und wurde zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor. Die Verfügbarkeit von Sklaven musste dabei die klimatischen Wettbewerbsnachteile ausgleichen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Teile der Zuckergewinnung mechanisiert, was den Arbeitskräftebedarf einschränken sollte. Trotz des steigenden Ertrages aufgrund des Technologiefortschrittes und der Erschließung immer größerer Anbauflächen, blieb Zucker in Europa bis zur ‚Entdeckung‘ der Zuckerrübe am Ende des 18. Jahrhunderts ein absolutes Luxusgut.

Heute basieren etwa 70 Prozent der globalen Zuckerproduktion auf Zuckerrohr. Angeführt von Brasilien, Indien und China, werden jedes Jahr über 1,7 Milliarden Tonnen Zuckerrohr geerntet, im Durchschnitt etwa 60 Tonnen pro Jahr und Hektar.

Wie wächst Zuckerrohr eigentlich?

Zuckerrohr ist mehrjährig und kann bis zu 7 Meter hoch werden. Die Pflanze gilt als sehr empfindlich und pflegeintensiv, da sie für ihr Wachstum eine konstante Wärme von 25-28° Celsius und spezielle, feuchte, stickstoffhaltige sowie tiefgründige Böden benötigt. Trotzdem sollte keine Staunässe entstehen, die zu Fäulnis führt. Bei Temperaturen unter 15 ° Celsius, stellt das Riesengras sein Wachstum ein und droht abzusterben. Während der Wachstumsperiode von 10-24 Monaten, muss eine ausreichende, gestaffelte Bewässerung sichergestellt werden. Mindestens 1200 mm Niederschlag benötigt Zuckerrohr pro Jahr! Im frühen Wachstumsstadium sollte Zuckerrohr noch relativ wenig gewässert werden, während in der Hauptwachstumsphase der Bedarf sehr hoch ist. Kurz vor der Ernte benötigt Zuckerrohr hingegen viel, trockene Wärme.

Der Erntezeitpunkt richtet sich nach dem Zuckergehalt der Pflanze. Für die Ernte werden die 5 cm dicken Halme nah am Boden abgeschnitten und die zuckerfreien Blätter entfernt. In sogenannten ‚Entwicklungsländern‘ erfolgt dieser Arbeitsschritt zumeist nach wie vor in mühevoller, unterbezahlter Handarbeit.

Zuckerrohrernte in Indien. Foto: Pixabay

Das geerntete Zuckerrohr ist kaum lagerfähig und muss innerhalb kürzester Zeit weiterverarbeitet werden. Die im Boden zurückgebliebenen Stümpfe treiben erneut aus und nach 10-12 Monaten kann die nächste Ernte erfolgen. Während das Wachstum des Zuckerrohrs sehr anspruchsvoll ist, ist die Vermehrung der Pflanze vergleichsweise einfach. Die Stängelabschnitte gedeihen im Boden ohne viel Aufwand von alleine. Die Nutzungsdauer ist aber regional unterschiedlich. So wird in Indien zweijährig und in Brasilien teilweise fünfjährig angebaut.

Was noch außer Zucker?

Hauptsächlich wird Zuckerrohr zur Gewinnung von Zucker verwendet. Die Pflanze hat einen relativ hohen Anteil an Rohrzucker (Saccharose) und einen geringen an Traubenzucker (Glucose) und Fruchtzucker (Fructose). Durch Pressverfahren wird der Saft des Zuckerrohrs gewonnen, gereinigt, erhitzt und verdickt. Der gewonnene, gelbbraune Rohrzucker wird mit Hilfe von Raffinationsprozessen zu weißem Zucker verarbeitet. Aus etwa 1000 kg Zuckerrohr lassen sich etwa 100 kg Zucker herstellen.

Zuckerrohrsaft wird auch als Getränk verwendet. Der zurückbleibende Sirup (Melasse) eignet sich zur Herstellung von Bioethanol und als Futtermittel. Vor allem in Brasilien gewinnt Zuckerrohr zur Herstellung von Biokraftstoff zunehmend an Bedeutung.

©Thomas Beutler

Zuckerrohr wird gepresst und der süße Saft auf der Straße verkauft. Forodhani Gardens, Stone Town Unguja (Zanzibar, Tanzania). Foto: ©Thomas Beutler

Die zerkleinerten und zerquetschten Rohrhalme (Bagasse), dienen durch ihren Zellulosegehalt der Papierherstellung, als Viehfutter für Wiederkäuer oder als Brennstoff innerhalb der Zuckerproduktion.

Autor: Thomas Beutler

Quellen:

Klett

FAO

Digitalfolien

FAZ

Deutsche Welle